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Akupunktur

Die Akupunktur (lat.: acus = Nadel, punctio = das Stechen, chinesisch 針砭, Pinyin zhēn biān) ist ein ostasiatisches Heilverfahren, bei dem durch Reizung bestimmter Punkte des Körpers, Heilung erreicht werden kann. Die Akupunktur gehört zu den Umsteuerungs- und Regulationstherapien, d.h. durch von außen gegebene Reize werden aus dem Gleichgewicht geratene, gestörte Körperprozesse so gelenkt und reguliert, dass sich im Körper wieder ein Gleichgewicht einstellt.

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung der Akupunktur und Moxibustion (chinesisch 針灸, Pinyin zhēn jiǔ ‚Akupunktur und Moxibustion‘) stammt aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus. Der chinesische Historiker Sima Qian erwähnt in seinen Aufzeichnungen erstmals Steinnadeln die zum Einsatz am Menschen kommen. Grabungsfunde weisen darauf hin, dass derartige therapeutische Instrumente möglicherweise bereits vor 4000 bis 6000 Jahren angewendet wurden. Neben den Steinnadeln benutzte man auch Bambussplitter, die als pflanzliche Artefakte die Zeit jedoch nicht wie die Steinnadeln überdauerten. Die älteste Sammlung chinesischer medizinischer Schriften „Innere Klassiker des Gelben Kaisers“ (Huangdi Neijing) aus der Zeit zwischen 200 Jahre vor und nach Christus bindet die Aku-Moxi-Therapie erstmals in die gesamte chinesische Medizin ein und beschreibt verschiedene Nadeln (aus Metall), Stichtechniken und Indikationen für die Anwendung bestimmter Punkte. In diesem Werk sind 160 klassische Punkte beschrieben. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden weitere wichtige Zusammenstellungen und Neubewertungen des gesamten Wissensgebietes der chinesischen Medizin. Durch neue Lehrbücher, der Buchdruck wurde in China bereits im 10 Jhr. n. Chr. eingesetzt, aber auch durch andere neue Lehrmaterialien verbreitete sich das medizinische Wissen. So wurden im Jahr 1027 zwei lebensgroße Bronzefiguren gegossen, auf denen alle Leitbahnen verzeichnet waren. Die Akupunkturpunkte waren, mit Wachs verschließbare, Öffnungen in den mit Wasser befüllbaren hohlen Figuren. Stach, in einer Prüfung, der Prüfling die Akupunkturpunkte korrekt so trat Wasser aus.

Bereits seit dem 16. und 17. Jahrhundert ist die Theorie der gesamten chinesischen Medizin, die Reizpunkte und die Leitbahnen (Meridiane) in einer bis heute gültigen Geschlossenheit und Schlüssigkeit, durch Werke wie „Die Summe der Aku-Moxi-Therapie“ von Yang Jizhon (1601), dargestellt.

Schon im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert erwähnten portugiesische Jesuiten in Briefen aus Japan das Brennen mit Moxa und die Nadeltherapie. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Akupunktur in Europa durch Ärzte der Niederländischen Ostindien-Kompanie bekannt gemacht. Eine Übernahme dieser Therapieformen in die europäische medizinische Praxis fand jedoch nicht statt. Erst 1809 begann der Arzt Louis Berlioz mit breit angelegten klinischen Versuchen. In den folgenden Jahrzehnten kam es in Paris zu einem Hype um die Akupunktur, sie wurde zu einer regelrechten Modetherapie, die auch in England und Deutschland Anhänger hatte. Jedoch bestimmte zu dieser Zeit ein mechanistisches Weltbild die Vorstellung der Ärzte im Westen, weshalb die Akupunktur fast ausschließlich in der Schmerztherapie eingesetzt wurde. Für die westlichen Mediziner fehlte, ohne Kenntnis und Verständnis für die chinesische Medizintheorie, das Bezugssystem, deshalb war die Akupunktur nicht integrierbar in die westliche Medizin. Akupunktur blieb so eine Art „Malen nach Zahlen“ und die Begeisterung für sie war nicht von Dauer. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verlor sie ihre Bedeutung in Europa. Erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts, mit der Öffnung Chinas für den Westen, kam es zu neu erwachtem Interesse an diesem Therapieverfahren. Da auch im Westen chinesische Medizintheorien nun zugänglich sind und gelehrt werden, kann Akupunktur in ihrem ursprünglichen Kontext eingesetzt werden. So ist sie mittlerweile ein in Europa und Nordamerika weit verbreitetes,bekanntes Naturheilverfahren.

Die Akupunktur basiert auf der Lehre von Yin und Yang, der Fünf-Elemente-Lehre und der Lehre von den Meridianen. Die „Lebensenergie des Körpers“ (Qi) zirkuliert auf definierten Leitbahnen beziehungsweise Meridianen auf und im Körper und übt einen steuernden und regulierenden Einfluss auf alle Körperfunktionen aus. Ein gestörter Energiefluss wird für Erkrankungen verantwortlich gemacht. Durch Stiche in auf den Meridianen liegende Akupunkturpunkte wird die Störung im Fluss des Qi beseitigt, das Körpergleichgewicht wieder hergestellt. Das gleiche Therapieziel hat die Akupressur, bei der man einen stumpfen Druck ausübt, sowie die Moxibustion, bei der Wärme eingesetzt wird.

In der Akupunktur werden rund 400 Akupunkturpunkte benutzt, die auf den Meridianen liegen. Zur Vereinfachung wurde das heute gängige Modell von zwölf Hauptmeridianen, die jeweils spiegelbildlich auf beiden Körperseiten paarig angelegt sind, eingeführt. Acht Extrameridiane und eine Reihe von sogenannten Extrapunkten ergänzen dieses Modell.

Noch älter als die Akupunktur ist die Akupressur, bei der die Punkte mit Hilfe der Fingerkuppen oder auch mit Hilfe von Werkzeugen massiert werden, weshalb die Akupressur auch als eine nicht-invasive Form der Akupunktur betrachtet werden kann.

Moxaibustion (Moxatherapie) ist eine Brenntherapie bei der Beifußkraut (Moxa) direkt oder indirekt am Körper angewendet wird. Moxatherapie wendet man gezielt, punktuell dort an, wo Akupunkturpunkte auf der Körperoberfläche zu finden sind oder an Stellen wo sich der Hauptschmerz lokalisiert. Großflächig behandelt man Hautareale, die über Gelenken oder Reflexzonen innerer Organe liegen.

Aus der Sicht der Naturwissenschaft beruht das Wirkungsprinzip der Akupunktur auf der Reizung bestimmter Körperpunkte, wodurch möglicherweise Einfluss auf die Regulation des Körpers genommen wird. Einige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass durch periphere Stimulation bestimmter Akupunkturpunkte vermehrt Endorphine im Bereich des Mittelhirns ausgeschüttet werden. Andere Untersuchungen haben ergeben, dass in unmittelbarer Nähe der Nadelstiche der Adenosin-Level im Gewebe um das Mehrfache ansteigt. Was genau bei einer Akupunktur im Körper abläuft, ist jedoch noch nicht geklärt.

Neben der oben erwähnten chinesischen Akupunktur, in der es auch verschiedene Schulen und Richtungen gibt, haben sich andere Formen der Akupunktur entwickelt. Zum Beispiel in Japan, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, eine nicht-invasive Therapieform , als Shōnishin (小児鍼, dt. „Kleinkind-Akupunkturnadel“)bekannt.

Die Ohrakupunktur nach Paul Nogier (auch Auriculotherapie genannt). Dieser fand heraus, dass auf der Ohrmuschel der gesamte Organismus auf kleinster Fläche in Form reaktiver Punkte mit festem Bezug zur Körpertopographie und Körperfunktion (Somatotopen) repräsentiert ist. Die Behandlung über das Ohr ist auch aus der chinesischen Akupunktur bekannt, es werden dort jedoch nur wenige Punkte und diese auch nur selten verwendet. Weitere Formen der Ohrakupunktur sind die Implantat-Akupunktur und die Neuroaurikulotherapie (NAT).

Weitere, auf Somatotopen beruhende, entdeckte Mikroakupunktursysteme sind die koreanische Handakupunktur Su Jok, die Chinesische Schädelakupunktur, die sich an der Neuroanatomie orientiert, die von dem japanischen Arzt Toshikatsu Yamamoto in den 1960ern entwickelte Yamamoto Neue Schädelakupunktur und die Fußakupunktur. Die Mundakupunktur nach Dr. Jochen Gleditsch beruht auf spezifischen Reflexpunkten in der Mundschleimhaut.

Eine weitere neuzeitliche Entwicklung ist die Behandlung von Akupunkturpunkten mit einem Laser mit niedriger Leistungsdichte im roten oder infraroten Bereich (Laserakupunktur, Low-Level-Lasertherapie). Die Mesotherapie ist eine Injektionsakupunktur, bei der homöopathische oder niedrigdosierte Wirkstoffe appliziert werden.

Eine Akupunktursitzung dauert etwa 20 bis 30 Minuten. Dabei wird der Patient ruhig und entspannt gelagert, typischerweise liegt er oder sitzt bequem. Vor dem Einstich einer Nadel wird die Stelle und die unmittelbare Umgebung leicht massiert. Während einer Sitzung werden so wenige Punkte wie möglich gestochen. Manche Autoren geben eine Maximalzahl von 16 an, die aber in Einzelfällen überstiegen werden kann.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte 2002 eine Indikationsliste für Akupunktur, auf der diese bei 28 Krankheitsbildern empfohlen wird. So werden erwähnt:

Als anerkannte Indikation für eine Akupunkturbehandlung gelten auch chronische Schmerzen, wenn kein körperlicher Befund vorliegt und Schwangerschaftsbeschwerden.